GDM-Monat 2021 – Hauptvortrag zum Mathematischen Beweisen

Die Gesellschaft für Didaktik der Mathematik (GDM) hat wegen der Corona-Pandemie anstatt einer Präsenztagung im Jahre 2021 im März einen Monat lang Vorträge und Veranstaltungen ‘dezentral und online’ durchgeführt (link). In manche der Vorträge hatte ich damals reingehört (hauptsächlich solche, die sich mit der Hochschuldidaktik beschäftigen) und wollte auf diesem Blog kurz über die Inhalte einiger weniger davon berichten (hier ist der zweite Beitrag: link).

Ich fange in diesem Beitrag mit dem Hauptvortrag von Professor Ufer an: Wer kann es? Interindividuelle Unterschiede beim mathematischen Beweisen – zwischen Annahmen und Evidenz. In diesem Vortrag ging es um die Frage, welche Fähigkeiten bei den Studierenden in das Argumentieren und Beweisen hauptsächlich einfließen. Die Folien des Vortrags kann man hier herunterladen: link.

Ich bespreche hier vielleicht mal nur das Fazit des Vortrages, welches man auf der Seite 44 der Folien findet.

  • Zentral für die Fähigkeit des Argumentierens und Beweisens ist das Wissen zum Inhaltsbereich.
    • Das ist wohl wenig erstaunlich, man sollte sich aber überlegen wie man das zum Beispiel in einer Anfängervorlesung im Mathematikstudium umsetzen könnte. Da wird ja normalerweise (ich übertreibe jetzt etwas) das Mantra gefahren: “Man lernt nur durch das Bearbeiten der Übungsaufgaben.” Da die meisten Übungsaufgaben aber nur durch das Finden und Aufschreiben eines Beweises gelöst werden können, hätten wir hier den folgenden ‘widersprüchlichen’ Kreis: Durch das Bearbeiten der Übungsaufgaben soll man das Lernen, was zum sinnvollen Bearbeiten der Übungsaufgaben zentrale Voraussetzung ist! Die Frage, die sich mir hier stellt, ist also ob und wenn ja wie man hierbei im Studium was ändern sollte?
    • Als ich damals die Analysis 1 assistierte, stellte sich mir schon dieselbe Frage, und ich führte folgendes ein um ihr zu begegnen: In den wöchentlichen Kleingruppentutorien sollten die Tutoren und Tutorinnen zentrale Definitionen abfragen, die in der letzten Woche in der Vorlesung drankamen. Das konkrete Prozedere wie dies ablief, will ich hier nicht erklären, aber ich bin am Ende damit zufrieden gewesen. Ich finde das persönlich essentiell, dass man die Definitionen (und auch wichtige Sätze und Lemmas) auswendig kennt, damit man sinnvoll und erfolgreich über Übungsaufgaben nachdenken kann, und durch dieses Abfragen in den Tutorien (es gab Bonuspunkte für die 50%-Marke) wollte ich die Studierenden dazu bringen.
  • Ein weiterer wichtiger Punkt ist das Wissen zum Beweiskonzept selbst, also die Frage was ein mathematischer Beweis ist und auch was kein Beweis ist.
    • Eine Idee dies in einer Anfängervorlesung umzusetzen wäre es folgenden Aufgabentyp auf den Übungsblättern zu haben: Man präsentiert den Studierenden mehrere ‘Beweise’ zu einer Aussage, von denen einige richtig und einige falsch, bzw. sehr schlecht aufgeschrieben sind. Die Studierenden sollen dann entscheiden was die richtigen und was die falschen, bzw. schlechten Beweise sind und vor allem auch ihre Antworten begründen! Hierbei wäre es wichtig, dass sie nicht nur die fehlerhaften Beweise finden sollen mit Hinweis auf den Argumentationsfehler darin, sondern man sollte ihnen auch logisch korrekte aber schlecht aufgeschriebene Beweise präsentieren, damit sie den Aspekt des guten Aufschreibens ebenfalls lernen.
  • Der dritte Punkte, der in dem Fazit erwähnt wird, sind die allgemeinen Problemlösekompetenzen. Aus diesem Punk kann ich jetzt leider erstmal nicht so viel herauslesen … mir ist auch komplett unklar, ob das etwas ist was wir mit den Studierenden im Studium üben können, oder ob das vielleicht einfach unter dem Punkt ‘talentiert für ein Mathematikstudium’ läuft?

In der Diskussion nach dem Vortrag ist noch ein weiterer Punkt genannt worden, der in diesem Zusammenhang wichtig ist: das Vorwissen! In dem Zusammenhang mit Anfängervorlesungen ist das also wohl all das, was die Studierenden aus dem Mathematikunterricht der Schule mitbringen. Ich erwähne dies hier deswegen explizit, weil manche Dozierende ihren Studierenden zu Anfang zu sagen pflegen: “Sie können ruhig alles vergessen, was sie in der Schule gelernt haben, denn hier in unserer Analysis 1 und Linearen Algebra 1 beginnen wir ja eh komplett von vorne und bauen alles beginnend bei der Logik konsequent aufeinander auf.” Aber es stellt sich heraus, dass dies wohl kein guter Rat ist, denn das Vorwissen ist doch relevant für die Fähigkeit des Argumentierens und Beweisens in der Mathematik.

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