Auf dem GDM-Monat im März 2021 (voriger Beitrag dazu: link) hörte ich auch den Vortrag von Viktor Isaev zu dem Thema: Entwicklungsverläufe von Studierenden bezüglich ihrer Wahrnehmung zur doppelten Diskontinuität.
Was diese Doppelte Diskontinuität ist, erklärt man am besten mit folgendem Zitat von Felix Klein: Der junge Student sieht sich am Beginn seines Studiums vor Probleme gestellt, die ihn in keinem Punkte mehr an die Dinge erinnern, mit denen er sich auf der Schule beschäftigt hat, und natürlich vergisst er daher all diese Dinge rasch und gründlich. Tritt er aber nach Absolvierung des Studiums ins Lehramt über, so soll er plötzlich eben diese herkömmliche Elementarmathematik schulmäßig unterrichten; da er diese Aufgabe kaum selbständig mit der Hochschulmathematik in Zusammenhang bringen kann, so wird er in den meisten Fällen recht bald die althergebrachte Unterrichtstradition aufnehmen.
Zu diesem Thema hatte ich früher schon einmal einen Blogbeitrag verfasst: link.
Viktor Isaev berichtete von dem Projekt f-f-u zur Vernetzung fachwissenschaftlichen, fachdidaktischen und unterrichtspraktischen Wissens im Bereich Mathematik. Ich greife mir mal nur eine Sache davon heraus, welche ich für mich persönlich am interessantesten und umsetzbarsten betrachte: Die Vernetzung von Schul- und Hochschulmathematik sollte dadurch verbessert werden, dass auf den wöchentlichen Übungsblättern (zu der Linearen Algebra und der Analysis) eine der vier Aufgaben durch eine sog. Schnittstellenaufgabe ersetzt wurde.
Der Effekt dieser Schnittstellenaufgaben wurde dann in einer Studie zu den zwei Dimensionen der Überzeugungen zur Doppelten Diskontinuität Inhaltliche Verbindungen zwischen Hochschul- und Schulmathematik und Relevanz für den Beruf gemessen. Das Ergebnis ist, dass diese Schnittstellenaufgaben den Abfall dieser Überzeugungen im Laufe des Semesters sehr stark abmildern! Also ein sehr starker Grund dafür solche Aufgaben in seine eigenen Lehrveranstaltungen einzubauen. Leider sind die benutzten Aufgaben (noch) nicht öffentlich verfügbar.
Außerdem sollte noch erwähnt werden, dass das Ersetzen von einer von vier Aufgaben auf den Übungsblättern durch eine Schnittstellenaufgabe keine Auswirkungen auf die Klausurergebnisse am Ende hatte (man könnte sich ja sonst denken, dass durch die geringe Anzahl der ‘üblichen’ Übungsaufgaben die Leistungen der Studierenden in den Klausuren womöglich abfällt). In der Tat war es sogar so, dass in einer der Kohorten der Studie die Treatment-Gruppen (also die mit den Schnittstellenaufgaben) signifikant besser war in der Klausur am Ende als die Kontroll-Gruppe ohne Schnittstellenaufgaben.
edit: Zu diesem Thema gab es jetzt in den DMV-Mitteilungen ebenfalls einen Beitrag (“Aufbau eines berufsspezifischen Fachwissens für Lehramtsstudierende”, DMV-Mitteilungen 29:2, 2021).
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